Chișinău am Nachmittag
Die Couch war super weich und unter der Bettdecke schön warm. Deswegen ist es spät geworden, eh ich dann Mal den ersten Schritt unter freien Himmel gewagt habe.
Der Hunger trieb mich raus und in dem Café wurde mir ein Holzherz in die Hand gedrückt.
Nachdem ich mein Teller an dem Tisch bekam, wurde es mir wieder weggenommen. Schade. Dank Gerhards Beratung habe ich den ersten Versuch für Postkarten unternommen. Ich habe eine lange Liste toller Menschen und da hab ich Bock allen eine Karte zukommen zu lassen. Leider habe ich mich bei der Hauptpost zu doof angestellt. Im Eingang ist ein großer Handyladen und an der Eingangstür eine Karte die anzeigt wo die Post ist. Sodass ich davon ausging, dass die Post umgezogen ist. Die Karte weißt auf den Anlaufpunkt für Geschäftskunden hin und die Hauptpost kommt, wenn man durch den Handyladen läuft. Also erstmal keine Briefmarken, aber vielleicht im nächsten Ort. Postkarten gab’s aber im Souvenirladen, tollerweise sogar ein 15er Pack “Chișinău, meine Liebe”.
Ich habe Busbahnhöfe heute ausgekundschaftet. Der Busbahnhof im Zentrum bietet nur die Kleinbusse in alle Gegenden des Landes, inklusive auch Tiraspol und Bendery, also Transnistrien. Über mehrere Straßenblocks erstrecken sich die Bushaltestellen und die dazugehörige Halle ist ziemlich klein.
Hier passiert wenig, außer vielleicht wärmeres Warten. Der internationale Verkehr findet dann eher am Nord-Busbahnhof statt. Es gibt Busse in fast alle rumänischen und ukrainischen Städte. Aber auch Linien zum Beispiel über Prag bis Plzeň.
Es gibt auch Fahrzeuge mit transnistrischen Kennzeichen in der Stadt.
Gerhard meint, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist. Transnistrien ist seit der Grenzschließung durch die Ukraine sehr isoliert. Dadurch kann auch Moldau mehr Druck ausüben, so geht z.B. kein medizinisches Material mehr ins Regime. Man muss bedenken, dass die Abstände sehr klein sind, d.h. von Tiraspol nach Chișinău sind es 60km Luftlinie.
Da die Hauptlast des Nahverkehrs in Chișinău von Oberleitungsbussen geleistet wird, d.h. die normalen Busse sind in der Unterzahl, hat mich eine technische Frage umgetrieben. Wie funktionieren die Oberleitungs-Weichen? Es gibt ja Buslinien die links abbiegen und entsprechend in die Oberleitung nach links abbiegen, während eine andere Linie geradeaus fährt und eine andere rechts abbiegt. Wie schafft es der Stromabnehmer in der Weiche auf den korrekten Draht zu wechseln? Nun, da bin ich natürlich in die Spur gegangen.
Es gibt zwei besonders gängie Luftweichen, wie sie im Fachjargon wohl heißen. Busse haben oft einen Knopf über den die Fahrer:innen Funksignale aussenden. Das System erinnert an die Grüne-Welle-Schaltung. Busse schicken der kommenden Ampelkreuzung ein Signal und dieses beginnt mit der Umschaltung auf Grün für die Buslinie. Das ist kein besonders komplexes System. Das kann ähnlich für die Luftweiche verwendet werden. Die Weiche legt sich tatsächlich einfach entsprechend um und führt den Stromabnehmer auf den korrekten Draht.
Eine andere Methode ist, dass in der Straße durch den Bus während der Fahrt eine Induktion erzeugt wird, also ein Signal auslöst und so vollautomatisch die Weiche umlegt. Der Fahrer hat vorher nur seinen Fahrzeug die Kennung, beispielsweise “Linie 3”, eingestellt. Fährt er dann über die Induktionsschleife kommunizieren Weiche und Fahrzeug kurz. Das Fahrzeug gibt an, dass es Linie 3 ist und die Weiche weiß dann, dass Linie 3 links fährt. Damit ist das System ziemlich simpel gebaut.
Was ich euch kulinarisch vorstellen möchte, sind die Suppen die im Brot serviert werden. Das habe ich auch schon in Rumänien gegessen. Ich habe noch niemanden gesehen, der oder die das Brot komplett gegessen hat, aber ich kann das nicht zurückgeben.
Hier in Chișinău gibt es viele Agenturen für den rumänischen Pass und auch Arbeitsvermittlungen in die EU. Gerhard sprach von Gehältern im dreistelligen Euro-Bereich, die viele Menschen in Moldau noch verdienen, auch wenn diese rapide ansteigen, schneller als gerade in Deutschland. Trotzdem sind 200 bis 300 Euro als Lehrerin sehr wenig Geld, zumal im Supermarkt die meisten Sachen nicht günstiger als in Deutschland sind. Das günstige Leben funktioniert dann nur über den “Zentralplatz”, sprich den traditionellen Markt. Da sind solche Angebote natürlich verlockend.
Im Supermarkt gibt es Schließfächer, die auch viele nutzen. Es passt niemand auf, ob sie genutzt werden, aber 90% der Fächer sind ständig in Benutzung.
Der Blog trägt den Namen “Mărțișor, Bedarfshalt”. Um sich ein Ziel zu geben, habe ich mir vorgenommen in die Republik Moldau zu fahren um dort ein Mărțișor zu erstehen. Das sind kleine rot-weiße Fäden mit etwas kleinem Gehäkeltem, was sich Menschen zum 1. März verschenken und anstecken. Soll den Frühling einleiten. Die Variation ist riesig. Es gibt sehr kleine und große, sehr aufwändige, zum Teil mit Schmuck besetzt, und sehr viele sehr schlichte Designs. Manche in den Nationalfarben, andere wiederum mit Comic-Buttons, vermutlich eher für Kinder. Gerade gibt es sehr viele Ecken wo sie umfangreich verkauft werden.
Ich habe mir natürlich eines als Andenken erstanden und damit mein Reiseziel erreicht.
Es gibt die Tage auch ein Hochkultur-Festival mit dem Titel Mărțișor.
Es ist also die Hälfte geschafft und ab morgen beginnt die Rückreise. “Bedarfshalt” heißt der Blog, weil ich viel mit der Bahn fahren möchte und mich um umgewöhnliche Nebenstrecken bemühe, insofern das geht. Da wird ja oft der “Bedarfshalt” angeboten, sprich Bahnhöfe, die nur selten genutzt werden.
Ansonsten empfehle ich noch den See Lacul „Valea Morilor”, unweit des Stadtzentrum. Da er tiefer liegt, geht man über eine breite Treppe bis runter und kann dann nebst vielen anderen Menschen den beschaulichen See locker umrunden. Im Sommer ist hier sicherlich sehr viel los.
Ich freu mich auf morgen und grüße jede und jeden der bisher den ein oder anderen Text gelesen hat. Danke sehr dafür.