Eindrücke aus Bălți
Was ein grau kalter Tag. Es hat geregnet und die Wege ohne Fußsteige waren sehr schlammig. Doch, was soll’s, ein Tag mit vielen Eindrücken.
Da ich oft schon die Plattenbauten erwähnte, nun mal ein Eindruck, von den Siedlungen, wo vermutlich auch gelebt wird, aber auf dem ersten Blick wie eine Kleingartenanlage wirken.
Da oft die Fenster gut gemacht sind und selbst Gasleitungen hinführen, gehe ich von Bewohnung aus, weiß es aber natürlich nicht. Zumindest scheint Gärtnern nicht ungewöhnlich. An einigen Stellen habe ich gelbe Gas-Rohre gesehen die umzäunt und mit einem Steuerrad versehen sind.
Manchmal wird das Gas auch überirdisch verteilt.
Die starke Abhängigkeit vom russischen Gas und der Transnistrien-Konflikt, sind vermutlich die stärksten Bremser in der Entwicklung des Landes. Wenn sich das Land zu sehr gen Westen öffnet, wird mit Einstellung der Gaslieferung, höheren Preisen oder mit dem Einsatz der 14. russischen Gardearmee gedroht. Letztere ist bis heute in Transnistrien stationiert und hat dort zusammen mit den transnistrischen Streitkräften eines der größten Munitionsdepots Osteuropas.
Eine Auffälligkeit an einigen Mehrfamilienblocks ist auch, dass die Außengestaltung von Fenster zu Fenster verschieden ist. Das war schon in anderen Ländern so und deutet meist darauf hin, dass nicht gemietet sondern tendenziell gekauft wird. Das ist über die Dauer günstiger und die Wohnungen werden dann einfach an die nächste Generation gegeben oder eben verkauft.
Mein Blog / Tagebuch dreht sich ja liebend gern um Busse und Bahnen. und natürlich habe ich die beiden Bahnhöfe aufgesucht, vor allem um rauszufinden, ob ich nicht mit der Bahn nach Chișinău fahren kann. Die Webseite der moldauischen Bahn verrät, dass nur von einem Bahnhof morgens gegen 6:10 ein Zug aus Kiew kommend mich mitnehmen würde. Der Bahnhof heißt bei der Bahn “Bălți Oraș” (“Belz-Stadt”), aber dort ist bis auf Schienen, ein Haus und ein nervtötender kleiner Köter nichts zu finden.
Die Bushaltestelle in der Nähe heißt aber “Gara de Vest” (Westbahnhof). Verwirrend. Nun bin ich also zu den anderen Bahnhof getigert, der bei der Bahn “Slobozia”, wie der Stadtteil, heißt, aber die Busse starten und enden am Nordbahnhof und meinen den selben.
Die Abfahrtstafel verrät nur, dass es keine Züge von und nach Russland gibt und lediglich in ein nicht mal 40km entferntes Dorf gefahren werden kann. Auch wieder in den frühesten Morgenstunden.
Für diese geringe Auslastung ist der Bahnhof relativ schick gemacht.
Noch weiß ich nicht ob ich es riskiere, oder den einfacheren und schnelleren Weg mit den Kleinbussen wähle. Ich denke nochmal nach.
Dann wende ich mich mal den Nahverkehr in Bălți zu, zumal die Stadt sehr weitläufig ist und ich sonst runde Füße bekomme. Meine ersten Erkenntnisse waren verwirrend und da bin ich am Nordbahnhof gut aufgehoben und steige in einen Bus, der seine Route beginnt. Da keine:r vorne einsteigt und sich alle hinsetzen, mache ich das auch. Neben dem Fahrer steht eine Frau, nicht in Uniform, aber mit einer kleinen “Geldschürze” und mit Scheinen und Abreißtickets in der Hand.
Sie kommt direkt und nimmt 5 Lei. Sie klappert wie eine Schaffnerin alle Zusteigenden ab und kassiert. Hier kostet der Einstieg in den Bus, nicht die Entfernung oder Dauer oder dergleichen.
Insgesamt gibt es drei verschiedene Linienverkehrs-Arten: Der normale Bus für 5 Lei.
Der Oberleitungsbus kostet, wie ich rausfinde, nur 4 Lei. Was umgerechnet etwas über 20 Cent sind.
und dann gibt es noch die kleineren Marschrutkas.
Marschrutka sind auch nur Busse im Linienverkehr. Der Name wurde aus dem Deutschen entlehnt: Marschroute. Witzig ist dabei, dass beide Wörter, Marsch und Route, aus dem Französischem entlehnt wurden.
Da es ein Geheimnis ist, wo die Busse lang fahren, außer man kennt die ganzen Stadtteile und Orte die an den Fahrzeugen stehen, war es zu Beginn schwer den richtigen Bus zu wählen. Aber tatsächlich gibt es eine interaktive Webseite und ich darf präsentieren: Bălțis Buslinien Auch viele andere Städte sind gut vertreten, insbesondere in Osteuropa.
Wem man nicht aus dem Weg gehen kann, weil Straßen nach ihm benannt wurden, Statuen aufgestellt wurden und er auf Geldscheinen klebt, ist Ștefan cel Mare. Ein moldauischer Herrscher aus dem 15. Jahrhundert.
Ein Weg durch den Stadtpark unterstrich den grauen Tag.
Dort befindet sich auch eine Ehrung eines berühmten sowjetischen Künstlers, vor allem wohl Musiker, Wladimir Wyssozki. Ich höre mir den gerade im Hintergrund, wirkt von der Stimme wie ein alter Seemann und sieht wie ein Quälgeist für Autoritäten aus.
Es klingt auf jeden Fall besser, als sein Berufsvetter 200 Meter weiter. Ein energiegeladener älterer Herr schmettert offensichtlich Schlagermusik auf sein Keyboard. Das Gesicht möchte wohl sagen, dass jedes Leid, was er besingt, er tatsächlich fühlt und das alles neben dem Schriftzug, Ich liebe Bălți.
Am gleichen Platz steht ein alter Sowjet-Panzer samt ständiger Flamme, vermutlich eine Hommage an die Befreiung vom Faschismus.
und an der dritten Öffnung geht es in den “zentralen Platz”.
Nach dem Eintritt in die Halle eröffnet sich ein riesiger Markt, wo vermutlich hundert Menschen sortierterweise alle möglich, vor allem Agrar-, Produkte verkaufen. Kartoffeln, Töpfe, Eier, Zahnpasta, Auberginen, Löffel, Paprika, Eimer, Oliven, Taschen, und sämtliche fertig zerlegten Einzelteile bekannter Tiere. Selbst an den Seiten, davor und dahinter erweitert sich die Halle um weitere Stände.
Neben bekannten Geldautomaten, gibt es auch Bezahlautomaten. Zumindest scheinen sie es möglich zu machen Rechnungen bei Unternehmen und Behörden zu begleichen. Davon gibt es unzählige in der ganzen Innenstadt.
Apropo Behörden, hier lebt Marx, Engels und Lenin weiter, siehe Emblem oben am Verwaltungsgebäude.
Den Design-Preis für den kreativsten Mülleimer verleihe ich dieses Jahr an den lustigen Vogel.
und falls noch jemand Instrumente braucht, kann ich hier welche besorgen.
Da heute wohl auch hier Valentinstag ist, gab es entsprechend viele Verkäufer:innen, oft wurden auch Weiden-Stängel und Schneeglöckchen angeboten. Der eine und die andere waren auch mit Rosen unterwegs oder saßen mit einem großen Blumenstrauß schweigend im Park.
Auf dem Heimweg, bin ich an zwei Brunnen vorbeigekommen. Sind das wirklich alte Brunnen, wo man sich Wasser per Eimer holt?
Mein letzter Abstecher galt Kaufland. Ja, richtig, die große Kette aus Deutschland. Ständig begegnen mir Lidl, Netto und Kaufland. Auch die Produkte sind nicht alle übersetzt und ich bekomme ein breites Spektrum deutscher Waren auf deutscher Sprache.
Es ist kein Einzelfall oder mal eine Ausnahme, sondern an mehren Orten so beobachtet. Ich finde es absurd, man stelle sich vor, ich würde in einem Supermarkt in Deutschland viele Produkte nur in Rumänisch präsentiert bekommen. Zu den Besonderheiten meiner Entdeckungsreise im Kauf-Land zählt aber das neben der Gemüße-Abteilung auch Süßigkeiten im 100g-Preis und per Waage gekauft werden können.
und ein Produkt habe ich euch noch nicht präsentiert: moldauischer Wein. Der Wein hat hier eine lange Tradition und wird in großem Stil produziert und exportiert. Aus Sowjetzeiten stammend, geht ein Großteil der Produktion in den Export nach Russland. Das nimmt aber ab, weil Russland jedes Mal, wenn Moldau sich dem Westen hinwendet “zufällig” Importbeschränkungen erlässt. Sodann kümmere ich mich mal um den Export einer Flasche “Ukraine-Solidaritäts-Wein”, zumindest sugeriert das der Aufdruck.
Da hier der rumänische Dichter Mihai Eminescu mehrfach gehuldigt wird, und passend zum Wetter, nun die Übersetzung zu dem Gedicht, dass hier begonnen wird.
Das Wetter vergeht, das Wetter kommt,
Alles ist alt und neu;
Was ist falsch und was ist richtig
Wirst du fragen und richten;
Viele Dinge ziehen vorbei,
In unseren Ohren klingen viele Dinge,
Wer erinnert sich an alles
und hört ihnen zu?
Du setzt dich hin,
und findest dich selbst,
Wenn mit eitlem Getöse
Die Zeit vergeht, die Zeit kommt.
Noch neigt sich ihre Zunge
Der Gedanken Rückzug
Zum wechselnden Augenblick
Für die Maske des Glücks,
Die aus ihrem Tod geboren wird
Und einen Augenblick halten kann;
Für den, der sie kennt
ist alles alt und neu.
Sieht aus wie das Theater
Dich in der Welt zu wähnen
Spielt eins und vier
Doch errätst du sein Gesicht,
Und weinst und zankst,
Du verbringst in der Ecke dich selbst
Und verstehst ihre Kunst
Was falsch ist und was richtig ist.
Die Zukunft und die Vergangenheit
Sind die zwei Gesichter des Netzes,
Du siehst den Anfang am Ende
Wer weiß, wie man sie lernt;
Alles, was war oder sein wird
Wir haben sie alle jetzt,
Doch von ihrer Eitelkeit
Sie fragen dich und du weißt es.
Denn mit demselben Mittel
…sind alle Mittel, die da sind,
Und seit Tausenden von Jahren
Ist die Welt fröhlich und traurig;
Andere Masken, gleiches Spiel,
Andere Münder, gleiche Reichweite,
So betrogen und so süchtig
Hoffe nicht und fürchte dich nicht.
Hoffe nicht, wenn du die Musen siehst
Zum Durchbruch brücken,
Die Narren werden dich überlisten,
Hättest du einen Stern in deinem Kopf
Fürchte dich nicht, denn sie werden wieder kommen
Sie werden sich unter ihnen beugen,
“Lass dich nicht von ihnen fangen, mein Freund.
Was ist eine Welle, wenn die Welle vorbeizieht.
Mit einem Sirenengesang,
breitet die Welt ihre glühenden Netze aus;
Um die Schauspieler auf der Bühne zu verändern
Sie lockt dich in Wirbelstürmen
Du gleitest hindurch,
und merkst es nicht einmal,
Von deinem Weg hinaus
Wenn er dich ruft, wenn er dich ruft.
Wenn sie dich berühren, musst du dich hüten,
Wenn sie lästern, schweige;
Was willst du mehr mit deinem Rat,
wenn du ihr Maß kennst;
Sie sagen alle, was sie meinen,
Wer sie besteht, soll in die Welt gehen;
Dass du nichts lieben magst,
Du bist kalt zu allen.
Du bist kalt zu allen,
Wenn sie dich rufen, wenn sie dich rufen;
Was eine Welle ist, geht wie eine Welle vorüber,
Hoffe nicht und fürchte dich nicht;
Sie fragen dich, und sie wissen
Was böse ist und was gut ist;
Alles ist alt und neu:
Das Wetter vergeht, das Wetter kommt.
(ich gebe keine Garantie auf die Richtigkeit der Übersetzung)