Entdeckungstour klappernden Stahl-Ritter

Auf der Suche nach einem geeigneten Titel, hat mir Yarema empfohlen einen Titel zu wählen, der für beide Tage passt. Das ist schwierig und deshalb meinte ich, dass das Bett gleich war. Doch das akzeptierte er nicht und ich muss nochmal überlegen. Ich erreiche viele Orte der Stadt in meinen Entdeckungstouren und dafür steige ich in die Hölle hinab, denn dort fahren die lauten Stahl-Ritter, die blauen Metro-Züge. Sie brüllen mich an, ähnlich diesen Menschen die schreien, wenn sie schwere Gewichte stemmen. Langsam wird es normal für mich durch die Schwenk-Türen in die Tiefe zu steigen um kurz darauf an einem anderen Ort wieder aufzusteigen. An den Türen steht, dass man sie aufhalten soll, denn sie schwingen schnell und hart zurück, wenn man durchgegangen ist. Es gilt als Nettigkeit. IMG_20240225_154921.jpg

Am Ende des Wartesteigs ist die Zeit angezeigt und die Sekunden werden gezählt. Allerdings nicht abwärts, bis der nächste Zug einrollt, sondern aufwärts. Die ungefähre Taktung ist bekannt und von der Tageszeit abhängig. Sie liegt im Schnitt bei 5 bis 6 Minuten und variiert zwischen 4 und 10 Minuten.
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Mittlerweile rastet der Zug ein und sagt nochmal wo wir gerade sind. Im Tageslicht suche ich nach Orientierung, denn ich bin ein Stück aus dem Zentrum rausgekommen. Gleich im Park beginnt mein Vormittag. Der Park in dem Menschen joggen, sie ihre Hunde kacken lassen oder Kinder spielen, ist auch Gedenkstätte. Babyn Jar war ein Tal in dem das größte Einzelmassaker durch die Deutschen begangen wurde. Am 19.09.1941 hatte die Wehrmacht Kyjiw erorbert und am 29. und 30.09. über 33.771 Menschen ermordet, wie man selbst verkündet.
Der Park startet mit einem Symbol der ermordeten Kinder. IMG_20240224_105304.jpg

Verstreut finden sich große Granitsteine die Löcher haben… IMG_20240224_105407.jpg

… um darin in die Tage des Massakers zu schauen. IMG_20240224_105537.jpg

Auch danach ging das Töten weiter, sodass wohl über 150.000 Menschen getötet wurden. In der Zeit war der Holocaust noch nicht in der Phase, dass mit Deportationen und Vernichtungslagern gearbeitet wurde, sondern noch Massenerschießungen der Standard war. In allen Städten, in denen die Deutschen einmarschiert sind, haben sie erstmal einen Massenmord begangen und vor allem die jüdische Bevölkerung weitestgehend eleminiert. Natürlich traf es darüber auch Roma, Behinderte, Antifaschisten, Kommunisten und wer sonst als Gegner auserkoren war, aber auf der Liste weit oben stand die jüdische Bevölkerung. In der Schlacht um Kyjiw 1941 wurden auch sowjetische Streitkräfte umschlossen und gefangen genommen. Sie kamen in Lager, aber wer jüdisch war, wurde direkt erschossen. In den Lagern starben die meisten auch an den Folgen der Lager-Bedingungen, aber erstmal gab es eine Chance. IMG_20240224_121634.jpg

Die Deutschen haben wie so oft die jüdische Bevölkerung unter Vorwand zum Friedhof gerufen, inklusive der Bitte Wertgegenstände und Kleidung mitzubringen, um die Darstellung “Evakuierung” glaubhaft zu machen. In Gruppen mussten sie sich in das Tal legen und wurden erschossen. Mit dem Gesicht nach unten, auf die zuvor ermordeten. Manche wurden vorher vergewaltigt. Später wurde das Tal zugeschüttet. Als klar wurde, dass die Rote Armee das Massengrab entdecken könnte, wurden KZ-Häftlinge aus dem Nachbarort Syrez heranbeordert um die Leichen auszugraben und zu verbrennen.
Die Hauptinstallation soll die Schüsse verdeutlichen.
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Gleich nebenbei gibt es eine hölzerne Synagoge, um eine solche Mal betreten zu können. IMG_20240224_113217.jpg

Auch in den ersten Jahren nach dem Ende des NS-Regimes war das Gedenken eine Mischung aus Verschweigen und Umdeuten. Oft wurde es als Massaker an den heroischen Sowjetbürgern dargestellt. Jüdinnen und Juden wurden in der UdSSR verschwiegen und zum Teil bekämpft. Erst mit der Unabhängigkeit der Ukraine begann das öffentliche Anerkennen und Gedenken an die Ereignisse. Hier ist das kritisierte sowjetische Denkmal. IMG_20240224_120116.jpg

Von den deutschen Tätern wurden nur wenige zur Rechenschaft gezogen. Ein Museum gibt es noch nicht, aber trotzdem ist auf dem Gelände schon einiges Informatives einsehbar. Viele Orte des Geschehens wurden zu Sowjet-Zeiten verändert, so war das Babyn-Jar-Tal lange Zeit eine Stausee für Abwasser aus einem Steinbruch. Bis der brach und eine Katastrophe in der Umgebung anrichtete. Auf der Stelle des jüdischen Friedhofs, wo die Menschen gesammelt wurden, bevor sie in die Schlucht geführt wurden, steht heute ein Fernsehturm. IMG_20240224_115202.jpg

Der wiederum wurde in der Schlacht um Kyjiw 2022 wieder berühmt und zum Symbolbild. Eine Rakete traf den Turm im unteren Bereich und zerstörte einige Stränge. Allerdings ist der Turm weiterhin in Takt.
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Danach bin ich wieder abgetaucht und in ein anderes Zentrum geritten. Podil gilt als Altstadt und hipper Hotspot. So siehts auch aus, aber so richtig verstehe ich nicht ganz, was so viel schöner hier ist, als in anderen Teilen der Stadt. IMG_20240224_133805.jpg

Vielleicht weil man es nicht weit bis zum Dnipro hat, dem Fluss der Kyjiw in zwei Teile teilt, auch wenn das Meiste im Westteil der Stadt stattfindet. Man sieht nicht das andere Ufer sondern nur eine der großen Inseln im Fluss. IMG_20240224_144550.jpg

Im Sommer ist das sicherlich ein schöner Ort. Von hier geht eine Standseilbahn hoch in den Park, wo auch der größere Teil der Stadt deutlich oberhalb liegt. IMG_20240224_145023.jpg

Da gibt es auch viel mehr menschliche Begängnis und auch schöne Ausblicke auf den riesigen Fluss. Der Dnipro ist Europas drittgrößter Fluss nach Wolga und Donau und wird in der Ukraine sechsmal angestaut u.a. als Wasserkraftwerke. Das letzte Kraftwerk, der Kachowka-Staudamm, wurde durch die russische Armee allerdings gesprengt und verursachte Überschwemmungen. IMG_20240224_151437.jpg

Am Übergang zur Stadt steht ein Titan-Regenbogen. Der war Mal ein Symbol der Völkerfreundschaft, insbesondere zwischen Ukrainer:innen und Russ:innen, aber das hat sich für eine Weile erübrigt und ist nun der Freiheit gewidmet. Weitere Symbole wurden abgebaut. IMG_20240224_152850.jpg

Ich würde gerne öfters einfach ohne Kommentar schöne Graffitis posten. IMG_20240224_165204.jpg

Zur vorgerückten Stunde bin ich auf einem Platz gelandet wo zerstörte russische Autos, Haubitzen und eine Rakete ausgestellt werden. Es soll wohl vermitteln, dass ukrainische Streitkräfte in der Lage sind es mit der russischen Armee aufzunehmen. IMG_20240224_184455.jpg

Für die Aufarbeitung der Ereignisse, zum Beispiel in Mariupol, bekommt die Ukraine Unterstützung, u.a. vom Museum für den Warschauer Aufstand. Deswegen ist an der Stelle das polnische Museum sehr präsent.

Nur unweit beginnt eine sehr beklemmende Mauer. Sie wurde vielfach schon in den Medien gezeigt und Staatsgäste haben Blumenkränze aufgestellt. Zu jedem gestorbenen Soldaten und jeder gestorbenen Soldatin gibt es ein Photo. Dazu viele Blumen und Kondolenzkarten. Es beginnt 2014 mit dem Beginn des Kriegs durch Russland im Donbas. Anfangs ist das sehr sortiert und sauber aufgehängt. IMG_20240224_183209.jpg

Dann ist ein Tor und mit der Fortsetzung der Mauer ändert sich leicht der Stil. Wenn man im ersten Teil nicht traurig oder wütend geworden ist, dann passiert das jetzt. Nun beginnt das Jahr 2022 und die Bilder der unzähligen Menschen sind eng-gedrängt. Es ist überwältigend, sich vorzustellen, dass jede:r auch Freund:innen hatte, vielleicht Kinder, Partner:in. Ging regelmäßig zum Tischtennis oder in die Kneipe. Aber es ist kaum noch vorzustellen, weil es so viele sind. Irgendwie verschwimmt das zu Masse. Zur Zahl. Es ist nicht mehr nur Iwan mit seinen Hobbys und Familie. Es sind so und so viel tausend. Das ist erschreckend, weil es ja tausende Iwans, tausende Vereinsmitglieder, tausende leere Stühle zu Weihnachten sind. IMG_20240224_183553.jpg

Zum Glück war ich auch auf dem Weg zu meiner Gesprächspartnerin. Maria ist Journalistin und wir haben uns zu ukrainischen Essen, ukrainischen Wein und Gespräche über ukrainische Politik und Medien verständigt. Es gibt lecker-schmecker Wareniki und orangen Wein. Also nicht Orangen-Wein, sondern orangen Wein. Sprich weder Rot-, noch Weiß-, noch Rosé-Wein. Das ist wohl eine aus Georgien übernommende Tradition bei den weißen Trauben (aus Faulheit) die Schale zu belassen, was dem Wein dann die orange Farbe gibt. Menschen die mich kennen wissen, dass ich kein Kenner bin.
Maria ist eine starke Persönlichkeit, die die Werte hochhält. Sie möchte sicherlich ungern kritisiert werden, aber würde behaupten, dass sie das gerne möchte. Weil sie auch viel kritisieren kann. Es ist ihre Stärke. Sie macht verschiedene Podcasts und darin werden hochrangige Politiker:innen gefragt. Kaum ein Gesetz was sie nicht zerlegen kann. Aber das erwartet man ja auch von Journalist:innen. Eine solche Persönlichkeit birgt viel Energie, viel Kampfkraft, viel Sympathie für den Krieg. Sie hat sich auch für ihr Outfit mehr Mühe gegeben, als mir das möglich gewesen wäre, aber gleichzeitig bewusst auf Make-up verzichtet. Die Richtung ist klar, wir sprechen bei Wein über Politik, keine falschen Hoffnungen wecken. Da kann ich mitspielen, da bin ich zu Hause.
Es ist unmöglich all die Sphären hier wiederzugeben, aber manche Gedanken. Beispielsweise haben die Streitkräfte und ihre obersten Köpfe eine wichtigere Stellung und sind medial präsenter. Das ist natürlich logisch, wenn das Land im Verteidiungskrieg ist, aber wer kennt schon den obersten Soldaten der Marine oder vom Heer in Deutschland? In der Ukraine ist das normal geworden und sie bekommen damit Ähnlichkeiten zu Politiker:innen. Sie äußern sich öffentlich, werden beachtet und genießen Sympathien. Diese Verschmelzung, dieser Übergang ist kritisch. Solche Generäle sollen ihre Arbeit machen, und das möglichst gut, aber die Befehlsrichtung ist klar: gewählte Vertreter:innen bestimmen, was die Generäle machen und nicht umgekehrt. Da kommen wir überein. Wir debattieren Nationalismus, weil sie sich damit identifiziert. Spannenderweise argumentieren beide Länder im Krieg nationalistisch, doch auch hier kommen wir überein, dass ein Blick dahinter wichtig ist. Wenn sich kolonialisierte Länder in einer nationalen Bewegung befreien, ist das anders zu bewerten, als wenn die nationale Bewegung zur Unterdrückung oder Ausgrenzung führt.
Ich würde ja gerne in das “Regierungsviertel”, aber selbst sie kommt da nicht rein. Dafür ist sie dann doch nicht wichtig genug. Wie auch für Yarema scheint es nur eine Lösung zu geben. Klar würden gerne alle auch verhandeln, aber es muss ernsthaft sein. Putins Angebote sind Diktatfrieden, aber bis dahin braucht es für die meisten einfach mehr Waffen. Wir debattieren die europäische Politik und wie sehr alle in ihren nationalen Blasen stecken. Wie sich alle in Telegram-Gruppen und Social Media mit Falsch-Informationen vollsaugen und es für alle Demokratien zur Gefahr wird. Wie Trump und Orban zündeln.
Maria liebt Frankreich, vielleicht weil sie auch Wein so liebt. Die politischen Themen sind so traurig, dass wir das Reisen besprechen. Wie sie manchen schon geholfen hat und wo es für sie so schon hinging. Lille und Paris kommen oft vor. Gefangen in den hitzigen Argumenten und komplexen Ausführungen sind uns die anderen Gäste abhanden gekommen. Sicherlich waren die auch nicht an unseren Themen interessiert, aber nun kommt die Kellnerin auf mich zu. Vorher hat alles Maria gemanagt und als es um die Rechnung ging, spricht sie doch Englisch. Viele junge Leute verstehen Englisch, sprechen es aber nicht. Vielleicht fehlt Praxis.
Die Bezahl-Situation ist leicht unangenehm. Soll ich nun einfach bezahlen oder sind wir hier ganz modern und gleichberechtigt. Der Wein verlegt handeln vors denken. Ich stelle ganz offen die Frage und bekomme eine diplomatische Antwort. Sie könne bezahlen, aber wie es gefühlt alle machen, mit ihrem Smartphone. Nicht mal mehr Kreditkarten haben die Leute dabei, es wird einfach alles mit dem Smartphone bezahlt. Ich gebe ihr einen Stapel Hrywnja und wir machen uns auf, das Lokal zu verlassen. Nun ist eigentlich alles gesagt zu den ganzen schweren Themen und es kann beschwingt nach Hause gehen. Am Ausgang gibt es die Weinflaschen und ich deute auf die orangene und bemerke, dass wir diese getrunken haben. Maria bestätigt und nun kann auch noch die letzte Bedienung plötzlich flüssig englisch und sie bewirbt ihre Weine. Sie hätten Weine aus sämtlichen Regionen. Im Norden würde vermehrt Bier gebraut, aber sie hätten Wein aus dem Westen und Süden und Norden und leider nicht aus dem Osten, und setzte ein künstliches Lachen nach. Ich antworte nur, dass sie bestimmt irgendwann auch wieder Wein aus dem Osten haben wird. Ja, das werden wir, sagen Maria und die Bedienerin. Damit gehen wir und es bleibt ein flaues Gefühl.

Ich verdaue über Nacht die Gedanken und habe wieder ein ausgesprochen angenehmes Gespräch mit Yarema. Seine Gedanken helfen mir einiges zu verstehen und er kann viel über das Land erläutern. Der Dnipro bildet die Grenze zwischen Ost- und Westukraine und oft teilen sich die Leute danach ein. Kyjiw ist ein wenig wie Berlin und mit seinen über 3 Millionen Einwohner:innen eine Stadt zwischen Ost und West.
Es ist zwar Sonntag, aber das scheint keine höhere Bedeutung zu haben. Ich steige zum blauen Stahlmonster hinab, nachdem ich Geld gewechselt habe. IMG_20240225_153549.jpg

Ich habe einige schnelle organisatorische Dinge vor mir und brauche dafür frische Knete. Unter anderem möchte ich Zugtickets kaufen. Nun, schnell ging das nicht. Es ist ein langes hin und her, da internationale Züge nur online gekauft werden können. Viele internationale Züge fahren auch nicht und die herangerufene Übersetzerin spricht auch nur so semi-gut englisch. WLAN gibt es nur an einer kleinen Ecke im ganzen Bahnhof. Ich kann ihr nicht klar machen, dass meine Kreditkarte auch nur so semi-gut funktioniert und ich bar zahlen muss. Irgendwann stellt sich heraus, dass nur der Zug nach Wien gekauft werden kann. Also doch. Also doch nicht. Denn der Zug ist ausverkauft. Mittlerweile stehe ich am Internationalen Schalter, von dem ich vorher gar nichts wusste. Vor mir die junge Verkäuferin, links die vermeintliche Übersetzerin und rechts eine Klientin, die aber fließend Englisch kann. Ob denn irgendwas über die Grenze fährt, was ich kaufen kann, versuche ich leicht genervt einzubringen, weil ich nun schon eine knappe Stunde herumdoktore. In welches Land denn, fragt die Verkäuferin. Na Richtung Westen, und denke mir, na was denn sonst. Gibt’s Züge nach Japan? Tatsächlich. Sie präsentiert mir eine Umsteigelösung und ich schlage zu. Da ist meine Zeit verflossen und ich bin jetzt 4 Zugtickets reicher.

Ein anderes Problem, dass schon seit Tagen an mir nagt, sind die Schuhe. IMG_20240225_111628.jpg

Nasse Pfützen machen nasse Socken und nasse Füße. Das ist keine Lösung. Gleichzeitig möchte ich mal eines dieser vielen Militärläden von innen anschauen und frage nach guten Winterstiefeln für schwieriges Gelände und schwerem Gepäck. Das sollten sie haben. Das läuft auch wie am Schnürchen, denn ich habe den besten Verkäufer, der geduldig mir ein paar Schühchen nach dem anderen raussucht. Dann macht er mir noch einen deftigen Rabatt, obschon ich ihm nicht mit der gewünschten Google-Bewertung dienen kann. Vielleicht gebe ich es einfach hier weiter. Braucht also jemand gute Militär-Ausrüstung dann geht zum Punisher in der вулиця Георгія Кірпи 2Б, gleich südlich hinterm Hauptbahnhof links.
Die Preise sind allerdings sehr ordentlich und Yarema erläutert mir später, dass die Soldat:innen, insbesondere die im Front-Einsatz, sehr gut verdienen. Umgerechnet wohl 4.800 Euro, ich vermute brutto. pro Monat. Die können sich die Ausrüstung dann auch leisten.

Ich habe an sehr vielen Punkten in der Stadt das Wort “Ukrittja” mit Pfeil gelesen. Länger war es ein Rätsel, aber es weißt die Luftschutzbunker aus. IMG_20240225_171820.jpg

Das ganze Organisatorische hat ganz schön Zeit genommen und ich schaffe es nur noch mit der Metro auf eine der Dnipro-Inseln, genauer auf die Insel Venedig. Offensichtlich gibt es im Sommer hier viel Spaß für die ganze Familie. Trotz Regen sind aber zumindest die Älteren gekommen, die freudig tanzen, zu Walzer, sowjetischen Schlager und lateinamerikanischen Klassikern. IMG_20240225_160550.jpg

Die Metro fährt übrigens nicht unter der Erde auf die Insel, sondern über die Brücke. Ich dachte, die letzte Station vor dem Dnipro ist deswegen die tiefste Station, aber es ging beim Bau tatsächlich nur darum die Metrostationen auch zum Schutz im Kriegsfall zu nutzen.

Ich gehe an einen der zu dieser Jahreszeit leeren Strände und kann auf West-Kyjiw schauen. Dort stehen goldene Kirchen. IMG_20240225_161719.jpg

Es gibt eine umfangreiche Geschichte, die dort bewundert werden kann, wo es um die Anfänge der Kyjiwer Rus geht. Rus meint eine Art Reich und Kyjiw war lange ein wichtiges Handelszentrum zwischen Skandinavien und Griechenland. Auf die Kyjiwer Rus beziehen sich heute drei Länder: Belarus, Russland und Ukraine. Putin nutzt eine eigene Geschichtserklärung um zu rechtfertigen, warum Ukraine nicht wirklich ein eigenes Land mit allem drum herum ist. Die abwägige Erklärung wird müde belächelt, weil sein imperiales Streben auf Kyjiw aufbaut? naja.

Lange habe ich es aber nicht ausgehalten und wollte schon zu Yarema heimkehren, was kochen und ein wenig meine Fragen loswerden. Dann hält ein Mann mit seinem Mountainbike neben mir. Unser Gespräch ist kurz, denn erneut fehlt eine gemeinsame Sprache. Aber was er da lässt, ist wieder dieses unfaire Gefühl. Ich bin aus Deutschland hergekommen, er fragt “Adrenalina”, ich zeige in den Himmel und verneine. Er sagt, dass seine Kinder in Görlitz leben.

 
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letzten Endes

Zurück in der kalten Hütte, sitze ich an der gleichen Stelle und tippe nun, wie ich auch den “Abend-davor-Artikel” getippt habe. Es ist Nacht, still und aber anders. Ich habe vom Käfer geschrieben, der auf die Bahn geht, der den... Continue →